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Polysaccharide: Kraftpakete für unsere Ernährung

Wenn Sie an Kohlenhydrate denken, kommen Ihnen wahrscheinlich zuerst Brot, Nudeln oder Reis in den Sinn. Doch hinter diesen alltäglichen Lebensmitteln steckt eine ganze Menge Biochemie in Form von Polysacchariden. Diese komplexen Moleküle spielen eine wichtige Rolle in unserem Körper und in unserer Ernährung.

Wir sind für Sie den Fragen auf den Grund gegangen, was genau es mit den Vielfachzuckern auf sich hat und welche Funktionen und Eigenschaften sie haben. 


Was sind Polysaccharide?

Polysaccharide, auch als Vielfachzucker bekannt, sind komplexe Kohlenhydrate, die aus einer Vielzahl von Monosacchariden (Einfachzuckern) aufgebaut sind. Der Begriff Polysaccharid setzt sich aus den griechischen Wörtern poly (viele) und saccharon (Zucker) zusammen. In der Biochemie werden sie als Polymere bezeichnet, da sie aus vielen einzelnen Bausteinen bestehen, die durch sogenannte glykosidische Bindungen miteinander verknüpft sind.

Die allgemeine Summenformel für Polysaccharide lautet (C6H10O5)n, wobei n für die Anzahl der Monosaccharid-Einheiten steht. Diese Zahl kann von einigen Hundert bis zu mehreren Tausend reichen, was die enorme Vielfalt und Komplexität dieser Moleküle zeigt.


Arten von Polysacchariden

Es gibt zwei Hauptgruppen von Polysacchariden:

Homoglykane bestehen aus nur einer Art von Monosaccharid-Bausteinen. Beispiele hierfür sind Stärke und Cellulose, die beide aus Glucose-Einheiten aufgebaut sind.

Heteroglykane setzen sich aus verschiedenen Monosaccharid-Bausteinen zusammen. Ein Beispiel ist Hyaluronsäure, die in unserem Bindegewebe vorkommt.


Fünf wichtige Beispiele für Polysaccharide

  1. Stärke: Sie ist der wichtigste Energiespeicher in Pflanzen und kommt in großen Mengen in Kartoffeln, Getreide und Reis vor. Stärke besteht aus zwei Komponenten: Amylose (unverzweigt) und Amylopektin (verzweigt).
  2. Cellulose: Als Hauptbestandteil pflanzlicher Zellwände ist Cellulose das häufigste organische Molekül auf der Erde. Sie verleiht Pflanzen ihre Stabilität und ist ein wichtiger Ballaststoff in unserer Ernährung.
  3. Glykogen: Dieses Polysaccharid dient als Energiespeicher im menschlichen und tierischen Körper. Es wird hauptsächlich in der Leber und in den Muskeln gespeichert.
  4. Chitin: Es ist ein wichtiger Bestandteil des Exoskeletts von Insekten und der Zellwände von Pilzen. Chitin findet auch Anwendung in der Medizin und Biotechnologie.
  5. Pektine: Diese Polysaccharide kommen in den Zellwänden von Pflanzen vor und werden in der Lebensmittelindustrie als Geliermittel verwendet.


Der Aufbau von Polysacchariden

Polysaccharide entstehen durch die Verknüpfung vieler Monosaccharide über glykosidische Bindungen. Diese chemischen Bindungen bilden sich zwischen den Hydroxylgruppen (-OH) zweier Monosaccharide unter Abspaltung eines Wassermoleküls.

Die Art der Verknüpfung und die Anzahl der Verzweigungen bestimmen die Eigenschaften des Polysaccharids. Zum Beispiel ist Cellulose ein unverzweigtes Polymer aus β-1,4-glykosidisch verknüpften Glucose-Einheiten, während Glykogen stark verzweigt ist und α-1,4- und α-1,6-glykosidische Bindungen aufweist.

Diese unterschiedlichen Strukturen erklären, warum unser Körper Stärke verdauen kann, Cellulose jedoch nicht. Unsere Verdauungsenzyme sind in der Lage, die α-1,4-glykosidischen Bindungen der Stärke zu spalten, nicht aber die β-1,4-Bindungen der Cellulose.


Welche Bedeutung haben Polysaccharide in der Ernährung und für den menschlichen Körper?

Polysaccharide spielen in unserer Ernährung eine zentrale Rolle und haben verschiedene wichtige Funktionen.


Energielieferant

Stärke ist eine Hauptenergiequelle für den menschlichen Körper. Sie wird während der Verdauung in Glucose-Einheiten zerlegt, die dann zur Energiegewinnung genutzt werden können. Stärke findet sich in vielen pflanzlichen Lebensmitteln wie Getreide, Kartoffeln und Hülsenfrüchten. Der Abbau beginnt bereits im Mund durch das Enzym Amylase und setzt sich im Dünndarm fort, wo die Glucose ins Blut aufgenommen wird.


Ballaststoffe

Unverdauliche Polysaccharide wie Cellulose sind wichtige Ballaststoffe. Sie fördern die Darmgesundheit, regulieren die Verdauung und können helfen, den Cholesterinspiegel zu senken. Auch bei einem Reizdarm werden ballaststoffreiche Lebensmittel empfohlen. Ballaststoffe binden Wasser im Darm, was zu einem größeren Stuhlvolumen führt und die Darmpassage beschleunigt. Zudem dienen sie als Nahrung für nützliche Darmbakterien und können so das Risiko für Darmerkrankungen reduzieren.


Blutzuckerregulation

Im Gegensatz zu einfachen Zuckern werden Polysaccharide langsamer verdaut und absorbiert. Dies führt zu einem gleichmäßigeren Anstieg des Blutzuckerspiegels, was besonders für Menschen mit Diabetes von Bedeutung ist. Der langsame Abbau verhindert starke Blutzuckerschwankungen und damit verbundene Insulinspitzen, was langfristig das Risiko für Diabetes-Folgeerkrankungen senken kann [1].


Sättigungsgefühl

Lebensmittel, die reich an komplexen Kohlenhydraten sind, machen länger satt als solche mit einfachen Zuckern. Dies liegt daran, dass Polysaccharide mehr Zeit benötigen, um verdaut zu werden, und so länger im Magen verweilen. Zudem führt der langsamere Anstieg des Blutzuckerspiegels zu einer geringeren Insulinausschüttung, was wiederum das Hungergefühl länger unterdrückt.


Präbiotische Wirkung

Einige Polysaccharide, wie Inulin, dienen als Nahrung für nützliche Darmbakterien und fördern so eine gesunde Darmflora. Diese präbiotischen Substanzen werden von den Darmbakterien fermentiert, wobei kurzkettige Fettsäuren entstehen, die wiederum positive Effekte auf die Darmgesundheit haben [2]. Eine gesunde Darmflora ist nicht nur für die Verdauung wichtig, sondern beeinflusst auch das Immunsystem und kann sogar Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben.


In welchen Lebensmitteln sind Polysaccharide enthalten?

Polysaccharide sind Inhalt einer Vielzahl von Lebensmitteln, insbesondere pflanzlichen Ursprungs, zum Beispiel: 

  • Getreideprodukte: Vollkornbrot, Haferflocken, Reis, Nudeln
  • Hülsenfrüchte: Bohnen, Linsen, Erbsen
  • Kartoffeln und Süßkartoffeln
  • Mais
  • Kürbis
  • Bananen (enthalten Stärke, insbesondere wenn sie noch nicht ganz reif sind)
  • Nüsse und Samen

Wichtig: Nicht alle Kohlenhydrate in diesen Lebensmitteln sind Polysaccharide. Bananen zum Beispiel enthalten sowohl Stärke (ein Polysaccharid) als auch einfache Zucker wie Fructose und Glucose.


Sind Polysaccharide Zucker?

Polysaccharide gehören zur Gruppe der Kohlenhydrate, zu der auch Zucker zählen. Allerdings unterscheiden sie sich in ihrer Struktur und ihren Eigenschaften deutlich von einfachen Zuckern wie Glucose oder Saccharose (Haushaltszucker).

Einfache Zucker bestehen aus einem oder zwei Monosaccharid-Molekülen und schmecken süß. Polysaccharide hingegen setzen sich aus vielen Monosaccharid-Einheiten zusammen und haben in der Regel keinen süßen Geschmack. Sie werden im Körper langsamer abgebaut und haben daher eine andere Wirkung auf den Blutzuckerspiegel.

Aus biochemischer Sicht sind Polysaccharide also komplexe Zuckermoleküle, aber im alltäglichen Sprachgebrauch werden sie meist nicht als Zucker bezeichnet.


Welche Auswirkungen haben Polysaccharide auf die menschliche Gesundheit?

Um Ihnen eine mühselige Wikipedia-Recherche zu ersparen, haben wir für Sie übersichtlich zusammengefasst, welche Auswirkungen Polysaccharide auf unsere Gesundheit haben können.


Gewichtskontrolle

Lebensmittel, die reich an komplexen Kohlenhydraten sind, können helfen, das Gewicht zu kontrollieren, da sie länger sättigen und weniger Kalorien pro Gramm enthalten als Fette. Polysaccharide wie Stärke und Ballaststoffe haben eine geringere Energiedichte als Fette und Proteine. Zudem führt ihr langsamer Abbau zu einem gleichmäßigeren Blutzuckerspiegel, was Heißhungerattacken vorbeugen kann. Ballaststoffreiche Lebensmittel erfordern auch mehr Kauarbeit und verlängern die Magenentleerung, was zusätzlich zur Sättigung beiträgt. [5]


Darmgesundheit

Ballaststoffreiche Polysaccharide fördern eine gesunde Darmflora und können das Risiko für Darmerkrankungen senken. Unverdauliche Polysaccharide dienen als Präbiotika, die das Wachstum nützlicher Darmbakterien fördern. Diese Bakterien produzieren kurzkettige Fettsäuren, die die Darmschleimhaut nähren und entzündungshemmend wirken. Zudem erhöhen Ballaststoffe das Stuhlvolumen und beschleunigen die Darmpassage, was das Risiko für Verstopfung und Divertikulose reduziert. [6]


Herz-Kreislauf-Gesundheit

Der Verzehr von Vollkornprodukten, die reich an komplexen Kohlenhydraten sind, wird mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung gebracht [3]. Lösliche Ballaststoffe können den Cholesterinspiegel senken, indem sie die Reabsorption von Gallensäuren im Darm verhindern. Zudem können bestimmte Polysaccharide wie Beta-Glucane den Blutdruck senken und entzündungshemmend wirken, was das Risiko für Arteriosklerose reduziert.


Diabetesprävention

Eine Ernährung mit einem hohen Vorkommen an komplexen Kohlenhydraten und wenigen einfachen Zuckern kann helfen, das Risiko für Typ-2-Diabetes zu senken. Polysaccharide werden langsamer verdaut und absorbiert, was zu einem gleichmäßigeren Anstieg des Blutzuckerspiegels führt. Dies reduziert die Belastung der Bauchspeicheldrüse und kann die Insulinsensitivität verbessern. Ballaststoffe können zudem die Aufnahme von Glucose im Darm verlangsamen, was ebenfalls zur Blutzuckerkontrolle beiträgt. [7]


Krebsprävention

Einige Studien deuten darauf hin, dass eine ballaststoffreiche Ernährung das Risiko für bestimmte Krebsarten, insbesondere Darmkrebs, reduzieren und die Darmgesundheit fördern kann [4]. Die schützende Wirkung wird auf mehrere Mechanismen zurückgeführt: Ballaststoffe beschleunigen die Darmpassage und verdünnen potenzielle Karzinogene im Darm. Zudem produzieren Darmbakterien bei der Fermentation von Ballaststoffen kurzkettige Fettsäuren, die antientzündlich wirken und die Apoptose von Krebszellen fördern können. Einige Polysaccharide, wie Beta-Glucane aus Pilzen, zeigen auch immunmodulierende Eigenschaften, die möglicherweise zur Krebsprävention beitragen.

Natürlich sind nicht nur Polysaccharide für die menschliche Gesundheit wichtig, sondern beispielsweise auch Vitamin A, Vitamin B12 und Zink.


Polysaccharide in der Forschung, Medizin und Industrie

Bestimmte Polysaccharide, insbesondere aus Pilzen und Algen, werden auch als Nahrungsergänzungsmittel eingesetzt und zeigen vielversprechende Ergebnisse in der Krebstherapie und bei der Unterstützung des Immunsystems.

Die genauen Wirkmechanismen sind jedoch noch Gegenstand der Forschung in Chemie, Biochemie und Medizin und es sind noch weitere Studien erforderlich, um das volle therapeutische Potenzial von Polysacchariden vollständig verstehen und nutzen zu können.

Die vielfältigen Eigenschaften von Polysacchariden, die durch glycosidische Bindungen verknüpfte Kohlenhydratketten, machen sie auch für industrielle und medizinische Anwendungen interessant:

Lebensmittelindustrie: Polysaccharide wie Pektine, Alginate und Carrageen werden als Verdickungsmittel, Geliermittel und Stabilisatoren eingesetzt. Diese komplexen Glykane spielen eine wichtige Rolle bei der Texturierung von Lebensmitteln.

Pharmazie: Polysaccharide finden Verwendung als Hilfsstoffe in Medikamenten, zum Beispiel als Überzüge für Tabletten oder zur kontrollierten Wirkstofffreisetzung. Zellulose, ein wichtiges strukturelles Polysaccharid, wird häufig für diese Zwecke genutzt.

Kosmetik: Hyaluronsäure, ein Glykosaminoglykan, wird in Anti-Aging-Produkten und Feuchtigkeitscremes verwendet. Ihre Fähigkeit, Wasser zu binden, macht sie zu einem wertvollen Inhaltsstoff in der Hautpflege.

Biotechnologie: Polysaccharide wie Agarose werden zur Herstellung von Gelen für die Elektrophorese in der molekularbiologischen Forschung genutzt. Diese Methode hilft Wissenschaftlern, mehr über die Struktur und Funktion von Oligosacchariden und anderen biologischen Molekülen zu lernen.

Medizintechnik: Chitin und seine Derivate werden in der Wundversorgung und für bioabbaubare Implantate eingesetzt. Diese Anwendungen nutzen die biologischen Funktionen der Polysaccharide im menschlichen Körper.

Beim Thema Polysaccharide geht es um weit mehr als darum, dass sie als Energielieferanten in unserer Nahrung dienen. Sie sind komplexe Moleküle, die in der Natur, in unserem Körper und in zahlreichen industriellen und medizinischen Anwendungen viele Funktionen haben. Von der Struktur pflanzlicher Zellwände über die Energiespeicherung in Form von Glycogen in unserem Körper bis hin zu innovativen Biomaterialien: Polysaccharide haben vielfältige Einsatzgebiete!


Quellen:

[1] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/32186034/
[2] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/34119183/
[3] https://herzstiftung.de/blutverduenner-wie-wirken-sie
[4] https://www.allianzcare.com/lebensmittel-die-krebs-vorbeugen-konnen.html
[5] https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9268622/
[6] https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9573424/
[7] https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10648557/


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