Wie die Darmgesundheit richtig gefördert wird
Die Darmgesundheit beeinflusst unsere allgemeine Gesundheit stärker, als die meisten Menschen wissen. Woran liegt das? Und wie kann man eine gesunde Darmflora aufbauen?
Warum ist der Darm auch für die allgemeine Gesundheit so wichtig?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) schreibt der Darmflora eine wichtige Rolle für die Gesundheit zu. Es gibt sogar Wissenschaftler, die die Meinung vertreten, dass die Darmflora einen viel größeren Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit hat, als bisher angenommen wurde [1]. Einerseits kann der Verdauungstrakt natürlich selbst von Erkrankungen betroffen sein, andererseits können Erkrankungen des Verdauungskanals aber auch Auswirkungen auf andere Regionen des Körpers haben. Ein gesunder Darm ist zunächst einmal die Voraussetzung dafür, dass Nährstoffe verwertet werden können und das Immunsystem gut funktioniert. Viele chronische Krankheiten haben ihre Ursache in Darmentzündungen oder werden durch sie gefördert. Ist das Mikrobiom, das „Ökosystem“ des Darms bestehend aus verschiedenen Mikroorganismen, gestört, begünstigt das Entzündungen. Mögliche Folgen sind wiederkehrende Infekte, Probleme mit der Schilddrüse sowie Autoimmunerkrankungen [2].
Das 2014 erschienene Buch „Darm mit Charme“ von Giulia Enders hat das Thema schlagartig ins öffentliche Interesse katapultiert. Enders beschreibt darin, dass ein gesunder Darm nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche positiv beeinflussen kann: Übergewicht, Depressionen und Allergien – all diese Symptome können mit einer gestörten Balance der Darmflora zusammenhängen [3].
Wie setzt sich unsere Darmflora zusammen?
Die Darmflora entsteht in den ersten Lebensjahren. Deshalb wird auch immer wieder vermutet, dass eine übertriebene Hygiene im Kleinkindesalter sich eher negativ auf die Darmgesundheit auswirkt [4]. Die Darmflora wird auch als Darmmikrobiota bezeichnet. Das gibt auch schon einen Hinweis darauf, woraus sie besteht: aus Mikroben. Mit diesem Begriff sind Mikroorganismen, also hauptsächlich Bakterien, aber auch Pilze und Viren gemeint, die vor allem im Dickdarm des Menschen vorkommen [4]. Und es gibt sehr viele davon: Hier gibt es Milliarden von Bakterien. Sie ernähren sich von unserer Nahrung.
Die Zusammensetzung der Bakterien in unserem Darm ist bei jeder Person unterschiedlich. Und sie kann sich auch im Laufe des Lebens mehrfach verändern. Woran liegt das? Da gibt es viele Faktoren. Die vermutlich häufigsten sind der Ernährungsstil, Krankheiten und die Einnahme von Medikamenten. Aber auch das Maß an Stress oder Bewegung hat einen Einfluss auf das Darmmikrobiom [4].
Doch nicht nur eine insgesamt sehr hohe Zahl an Bakterien lebt im Verdauungstrakt: Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Zusammensetzung an Bakterien sehr heterogen ist und mehr als tausend verschiedene Bakterienstämme umfasst [4]. Und noch eine Besonderheit gibt es: Die Zusammensetzung des Darmmikrobioms ist bei jedem anders. Insgesamt gibt es drei unterschiedliche Bakteriengattungen, von denen in der Regel eine Gattung im Verdauungskanal dominant ist. Menschen lassen sich also in drei „Darmtypen“ unterteilen, abhängig davon, welche der drei Bakterienarten bei ihnen vorherrscht: Bacteroides, Prevotella oder Ruminococcus. Inwiefern der „Darmtyp“ die allgemeine Gesundheit beeinflusst, muss allerdings noch weiterführend wissenschaftlich untersucht werden [4].
Ein Biologe der Universität Harvard hat herausgefunden, dass Darmbakterien sich zudem extrem schnell anpassen können: Sie können kurzfristig auf eine Umstellung der Ernährung reagieren, z. B. also bei dem plötzlichen Verzicht von tierischen Lebensmitteln bei einer rein pflanzlichen Ernährung oder andersherum. Bei einer Ernährungsumstellung verändert sich auch die Genaktivität der Darmbakterien. Die kann von Mensch zu Mensch so unterschiedlich sein, wie die Genaktivität in der Darmflora von pflanzen- und fleischfressenden Säugetieren [5].
Was ist der Unterschied zwischen Probiotika und Präbiotika?
Probiotika sind Lebensmittel, die während ihrer Herstellung gegärt oder fermentiert wurden. Probiotische Lebensmittel enthalten lebensfähige Mikroorganismen, wie etwa Hefen und Milchsäurebakterien. Dazu zählen Milchprodukte wie Joghurt, Kefir und Hartkäse, saure Gurken, Sauerkraut, Kimchi und Apfelessig. Probiotische Lebensmittel sind wichtig für den Verdauungstrakt. Viele der in ihnen enthaltenen Bakterien helfen dem Darm, Nahrung zu verwerten [5]. Sie sind widerstandsfähig gegenüber Verdauungsenzymen, Magen- und Gallensäuren. So können sie lebend im Verdauungstrakt ankommen. Diese Mikroorganismen überleben aber nicht dauerhaft im Dickdarm, sondern müssen daher regelmäßig über die Nahrung zugeführt werden.
Probiotische Lebensmittel stärken das Immunsystem und können Krankheiten des Darms verhindern, indem sie den PH-Wert des Darms beeinflussen: Sie schaffen ein saures Milieu, in dem sich gesundheitsschädliche Keime nicht so leicht vermehren können [6]. Auch für unsere Nervenzellen können Probiotika wertvoll sein, denn sie produzieren Substanzen, die Nervenzellen gesund halten [7].
Als Präbiotika werden Ballaststoffe wie Inulin bezeichnet, die unverdaut im Dickdarm ankommen und das Wachstum von gesunden Darmbakterien unterstützen. Im Dickdarm werden die Präbiotika in kurzkettige Fettsäuren aufgespalten, die gut für die Darmflora sind [6]. Die Kombination aus Probiotika und Präbiotika nennt man auch „Symbiotika“.
Was hat es mit den Begriffen Prä- und Probiotika auf sich?
Prä- und Probiotika haben also einen ziemlich ähnlichen Namen, sollten aber nicht verwechselt werden: Probiotikum ist ein Hybridwort aus lateinisch pro (für) und altgriechisch bios (Leben). Damit bedeutet es „für das Leben“. Der altgriechische Wortbestandteil prä bedeutet „vorher“ oder „zeitlich früher liegend“. Der Begriff Präbiotikum bedeutet dementsprechend „vor dem Leben“. Und daraus ergibt sich auch schon der Unterschied: Probiotika kommen lebend im Darm an und können dort ihre Wirkung entfalten. Präbiotika dagegen wirken nicht alleine, sondern sollen die vorher schon im Verdauungskanal vorhandenen nützlichen Darmbakterien fördern.
Mit welchen Lebensmitteln kann ich die Darmgesundheit fördern?
Für die Darmgesundheit sind fermentierte, das heißt vergärte, Lebensmittel wichtig. Wenn Mikroorganismen optimale Bedingungen vorfinden, können Bakterien und Hefen Zucker in Alkohol oder Milchsäure umwandeln. Es gibt mehr fermentierte Lebensmittel, als man vielleicht annehmen würde: Brot, insbesondere aus Sauerteig, Bier und Wein, Schokolade, Kaffee, aber auch Oliven und viele Käsesorten gehören dazu [1].
Eine gesunde Darmflora besteht wie beschrieben aus verschiedenen Milchsäurebakterien und Hefen. Sie sind in Joghurt und Kefir enthalten, aber auch in Kombucha, vergorenem Tee, der als kaltes Erfrischungsgetränk verkauft wird. Auch in Sauerkraut sind die gesunden Milchsäurebakterien ein Bestandteil, ebenso wie in Kimchi, dem koreanischen Pendant des Sauerkrauts, das auch in Deutschland immer beliebter wird. Die milchsäureproduzierenden Bakterien sollen Darmkrankheiten vorbeugen bzw. bekämpfen [1].
Probiotika sind auch als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich, zum Beispiel in Kapselform. Wer gesund ist, kann sich aber auch einfach weiter ausgewogen ernähren und viele Ballaststoffe, etwa Vollkornprodukte und Gemüse, zu sich nehmen, um ein gesundes Darmmilieu zu erhalten [7].
Es wird empfohlen, etwa 100 Millionen Mikroorganismen pro Tag durch die passende Ernährung zu sich zu nehmen. Jedes Lebensmittel hat jeweils eine unterschiedlich hohe Dosis an Bakterien. Deshalb ist es auch schwierig, einen genauen Tagesbedarf zu decken. Hersteller von Joghurts empfehlen etwa eine Portion pro Tag [8]. Bei Nahrungsergänzungsmitteln werden z.B. ein oder zwei Kapseln täglich zu einer Mahlzeit eingenommen [9].
Präbiotika sind in Lebensmitteln wie Bananen, Zwiebeln, Knoblauch und Artischocken enthalten. Damit Präbiotika wirken, sind laut Studien jedoch mindestens etwa fünf Gramm pro Tag nötig. Das bedeutet, dass man jeden Tag mehrere Portionen Gemüse verzehren sollte [7].
Welche Voraussetzungen sollten erfüllt sein, damit Probiotika wirken?
Es reicht nicht, einfach nur probiotische Lebensmittel zu sich zu nehmen. Denn sie können nur dann wirken, wenn man sich insgesamt vollwertig ernährt [6]. Außerdem müssen sie regelmäßig und in einer ausreichend großen Menge eingenommen werden, damit sie einen positiven Einfluss auf die Darmgesundheit ausüben können. Die Mikroorganismen müssen zudem im Dickdarm ankommen und sich dort gegen andere Keime durchsetzen, um dann zu einem gesunden Darm beitragen zu können. Weiterhin kommt es auf die jeweiligen Bakterienstämme im Darm an, diese Zusammensetzung ist bei jeder Person sehr unterschiedlich. Und auch im Fall von Krankheiten können Darmbakterien anders wirken, als in einem gesunden Darm.
Woher weiß ich, ob ich eine gesunde Darmflora habe?
Die Symptome, die auf eine kurzfristig gestörte Darmflora, wie zum Beispiel nach der Einnahme von Antibiotikum, hinweisen, können Probleme mit der Verdauung wie Durchfall, Verstopfung oder Bauchschmerzen sein. Allerdings können diese Symptome durch viele verschiedene Krankheiten ausgelöst werden. Um die Ursache für diese Beschwerden zu klären, sollte bei langanhaltenden Symptomen ein Arzt aufgesucht werden.
Die Symptome, die auf eine längerfristig gestörte Darmflora hindeuten, sind meist nicht so leicht zu erkennen: So gibt es Hinweise, dass die Zusammensetzung der Darmflora vermutlich einen Einfluss auf das Risiko für Allergien hat [10]. Außerdem deuten die Ergebnisse von Studien auch auf eine Korrelation zwischen Adipositas und der Zusammensetzung der Darmflora hin [11].
Das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung hat zudem festgestellt, dass die Darmflora bei einer Herzschwäche anders aussieht als bei Personen ohne Herzschwäche. Das könnte aber sowohl die Ursache als auch die Folge der Erkrankung sein. Dies ist noch nicht abschließend geklärt. Auch an dem Zusammenhang zwischen einer gestörten Darmflora und Autoimmunerkrankungen muss noch weiter geforscht werden, noch sind die Studien zu unzuverlässig [4].
Was kann ich tun, wenn meine Darmflora gestört ist?
Es gibt zwei verschiedene Ansätze, wie man ein gestörtes Darmmilieu wieder aufbauen kann: Zum einen gibt es die Theorie, dass es notwendig sei, den Darm durch eine Darmsanierung von allem Schädlichen zu reinigen. Erst dann könne man durch die richtige Ernährung einen gesunden Darm wieder aufbauen. Andere wiederum sind der Meinung, es reiche aus, die Ernährung umzustellen und Lebensmittel mit vielen Ballaststoffen sowie probiotische Lebensmittel zu sich zu nehmen, um das Darmmilieu nach und nach zu verbessern [2]. Bevor man drastische Maßnahmen, wie eine Darmsanierung, ergreift, sollte man mit seinem Arzt darüber sprechen, ob sie wirklich notwendig sind oder ob es sanftere Alternativen gibt.
Quellen:
[3] https://www.darm-mit-charme.de/buch.html
[5] https://www.deutschlandfunk.de/ernaehrung-darmflora-ist-extrem-anpassungsfaehig-100.html
[8] https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/lebensmittel/probiotika/index.html
[9] https://www.test.de/medikamente/krankheit/reizdarm-k107
[10] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC8083053/
[11] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5082693/